WACH

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Kategorie: Drama / Unterhaltung

Darum geht es: Zwei Freundinnen wollen wach bleiben, so lang es geht – ohne Drogen. C. und Nike sind 17, aber geben sich für 20 aus. Sie wollen raus. Raus aus der Perspektivlosigkeit. Sie wollen sich spüren. Eine pure Erfahrung. Eine rauschhafte Reise durch 86 schlaflose Stunden beginnt. C. und Nike filmen das Experiment. Halten alles auf ihrer Kamera fest. Doch die Müdigkeit zwingt sie zurück in die Realität. Ein Ende, das gleichzeitig das Ende ihrer Jugend ist.
Nikes Vater ist nie zu Hause. Die kleine Wohnung in einer Sozialbausiedlung ist der perfekte Ort für ihr Experiment. Sie kaufen für mehrere Tage ein. Kleben die Fenster ab und verstecken alle Uhren, um jedes Zeitgefühl zu verlieren. Doch als Nikes Vater überraschend auftaucht, treibt es C. und Nike raus. Raus ins verregnete Ghetto. Auf der Straße werden sie angegriffen. Sie müssen weg hier.

In der Stadt verliert Nike das wenige Geld, das sie mit haben. Die Freundinnen sind kurz davor abzubrechen. Doch sie können nicht nach Hause. Sie wollen wach bleiben.
Die Kälte der Nacht treibt sie an düstere Orte der Stadt. Eine fremde, abgründige Welt, in der sie nichts verloren haben. In einem dunklen Minimal-Club lernen sie Jesco kennen. Er ist einige Jahre älter und hat ein Auto. Ein Roadtrip beginnt, der C. und Nike mit ihren Ängsten und Träumen konfrontiert, ihre Freundschaft auf eine harte Probe stellt, und an dessen Ende es schließlich um Leben und Tod geht.

Jana McKinnon wurde im Juli 2020 für WACH mit dem Bunte New Faces Award als Beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet.

Das sagt Regisseur und Autor Kim Frank: „Sieben Jahre lang habe ich versucht, meinen ersten Film finanziert zu bekommen. Fast 100 Musikvideos, zahlreiche Drehbücher und Konzepte für Filme und Serien später war Aufgeben trotzdem keine Option. Für mich war und ist klar: Ich muss Geschichten erzählen. Ich will Filme machen.

September 2016. Ich hatte mir gerade einen neuen digitalen Fotoapparat gekauft. Er lag neben mir auf dem Schreibtisch. Plötzlich dachte ich: Damit kann ich einen Film machen. Ich mach ihn für wenig Geld. Stell ihn auf YouTube. Ich erinnerte mich an eine Idee, die mir eine Freundin vor Jahren erzählt hatte: Zwei Freundinnen wollen wach bleiben, so lang es geht.

Die ganze Nacht lang brainstormte ich: Die Figuren müssten Teenager sein. Für sie wäre es normal, sich selbst bei so einem Experiment zu filmen. Ein Found-Footage-Film außerhalb des Horror-Genres. Was würden die beiden mit dem Material machen? Sie würden es auf YouTube hochladen. Warum wollen sie wach bleiben? Weil sie es können. Weil sie keiner davon abhalten kann. Ein Film wie ein Rausch. Ein Film, wie er mich, als ich 15 war, geprägt hätte.

Ein Film darüber, wo ich herkomme. Aufgewachsen mit meiner alleinerziehenden Mutter und meinem sechs Jahre älteren Bruder Anfang der Achtziger in einer Sozialbausiedlung in Flensburg. Mir wurden keine großen Hoffnungen gemacht. Ich wollte nur eins: raus da. Ein Film über die Bevormundung durch die Elterngeneration. Deren Abwesenheit. Deren Unfähigkeit zuzuhören. Deren immer wiederkehrenden Prophezeiungen über die Verrohung und den Untergang der Jugend. Früher waren es die Beatles und LSD. Heute Instagram und Youporn.

Und vor allem ein Film über zwei junge Frauen. Starke Frauen. Beste Freundinnen, die versuchen, ihren Platz in dieser Welt zu finden, die andere für sie versaut haben. Ihre Suche nach Liebe, die sie zu Hause nicht finden. Und darüber, wie sich all das auf ihre Psyche auswirkt.

Einige Wochen später schrieb ich „WACH“. In fünf schlaflosen Tagen und Nächten. Das Drehbuch war zwar „low budget“, aber dennoch zu teuer, um es außerhalb des Systems zu finanzieren. Dazu meine YouTube-Vision. Wieder schien alles unmöglich.

Bei einem Konzert von „Dat Adam“, die auch den Titelsong zu „WACH“ gemacht haben, erzählte mir die Band von funk, die gerade erst online gegangen waren. Also schrieb ich ihnen eine E-Mail – und tatsächlich kam eine Antwort. Sie holten die ZDF-Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ mit an Bord und ab da ging auf einmal alles sehr schnell.

Jetzt, gerade einmal zwei Jahre nach meinem ersten Brainstorming, kommt „WACH“ raus. Im TV und auf YouTube. Mein Traum ist wahr geworden.
Mir ist bei allem, was ich mache, immer eins am wichtigsten: Es muss das Beste sein, was ich zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben unter den gegebenen Voraussetzungen machen konnte. Und genau das kann ich über meinen ersten Film sagen.“


„Du brauchst mindestens einen Erwachsenen, der dich verstehen will“ – Interview mit Jana McKinnon und Alli Neumann

Sie sind 19 und 20 Jahre alt. Man hat den Eindruck, Ihre Generation strebt danach, einen Beruf auszuüben, der gleichzeitig auch Berufung ist?

Alli Neumann:
Ich glaube, jungen Menschen hat schon immer die Idee widerstrebt, ihren Tag für etwas herzugeben, das sie nicht erfüllt. Heute gibt es angeblich tausend Möglichkeiten, sich selbst zu verwirklichen. Was cool ist, aber auch Druck aufbaut.
Jana McKinnon: Ich habe sehr früh mit der Schauspielerei angefangen, als ich fünf war, und habe mir mit 17 zum ersten Mal eine Auszeit von ihr gegönnt. Ein halbes Jahr lang habe ich gekellnert. Das hat mir richtig gut getan. Wenn man sich in seinem Beruf verwirklicht, nimmt man alles immer mit, überallhin.
Alli Neumann: Vermutlich geht das mittlerweile fast allen so, weil sich ja jeder auf die eine oder andere Weise produziert. Mindestens auf Facebook und Instagram.

Im Film sagt C. zum Thema Instagram, dass Likes zwar eine Sucht seien, aber immer noch besser, als sich kaputt zu saufen. Wie haben Facebook und Instagram Sie beim Erwachsenwerden beeinflusst?

Jana McKinnon: Bei Instagram bin ich nur für Freunde sichtbar, obwohl ich Schauspielerin bin, und es vermutlich nicht ganz blöd wäre, öffentlich auffindbar zu sein.
Alli Neumann: Ich versuche auch, nur Freunden und Künstlern zu folgen und ansonsten Zeitung zu lesen. Wenn ich unkontrolliert auf Instagram rumscrolle und die ganze Zeit mit diesen krassen Bodys und Gesichtern konfrontiert werde, merke ich direkt, wie ich in den nächsten Tagen hart mit mir ins Gericht gehe.
Jana McKinnon: Und dieses Vergleichen passiert ja automatisch, egal, wie reflektiert man ist. Man liegt auf der Couch, schaut Insta-Storys und ertappt sich plötzlich bei dem Gedanken: „Na toll, da wäre ich jetzt auch gerne.“ Obwohl man es gerade noch super fand, auf der Couch zu liegen.

Kommt Ihrer Meinung nach also daher der größte Druck für Jugendliche?

Jana McKinnon: Für mich kommt der Druck eher aus der Gesellschaft: sich zu verwirklichen, etwas Besonderes zu werden.
Alli Neumann: Die Botschaften verwirren einen. Von der Gesellschaft habe ich auf der einen Seite andauernd gehört: „Sei du selbst!“ Auf der anderen Seite aber, dass ich ein Haus brauche und gute Bildung. Das hat in meinem Kopf eher für ein Tauziehen gesorgt.

Im Interview ist Ihre Wortwahl eine andere als die derbe von C. und Nike. Woher kommt die Sprache der Figuren?

Alli Neumann: Die Dialoge hat Kim ja bewusst so geschrieben, und ich habe auch sofort verstanden weshalb. Auch für mich ist Sprache ein Werkzeug. Wenn ich mich zum Beispiel körperlich von Fremden in die Ecke gedrängt fühle, switcht mein Ausdruck sofort. Die Art, wie ich spreche, ist dann eine Art Schutzschild.

Sind die Figuren demnach andauernd in Verteidigungshaltung?

Alli Neumann: Ja, und das doch auch völlig zu Recht.
Jana McKinnon: Beide, C. und Nike, fühlen sich einfach nicht gesehen. Aber sie gehen damit unterschiedlich um. Nike ist fest davon überzeugt, aus der Scheiße nie rauszukommen. Also fordert sie das Leben noch mal so richtig heraus. C. ist, auch wenn ihre familiäre Situation besser wirkt, in meinen Augen trotzdem der einsamere Mensch. Sie hat Angst davor, ihr Leben zu verpassen, weil sie das Gefühl hat, nichts spüren zu können. Vielleicht kommt daher auch ihr Drang, alles zu dokumentieren.

Wie haben Sie sich den Zugang zu den Figuren erarbeitet?

Jana McKinnon: Ich glaube, jeder Jugendliche, egal aus welchem Umfeld er kommt und wie krass seine Probleme von außen betrachtet sind, empfindet ein Gefühl der Verlorenheit.
Alli Neumann: Ich konnte vieles nachempfinden. Zu Schulzeiten hatte ich eine sehr dunkle Phase. Da kam einiges zusammen, das Geld war knapp, es gab zwei Suizidfälle im engen Umfeld. Dazu war die Schule für mich Krieg. Und obwohl ich mich nach dem Abi nie wieder so ausgeliefert gefühlt habe, hab‘ ich noch immer Angst, dass ich mich irgendwann wieder in so einer Situation wiederfinden könnte.

Haben Sie sich als Jugendliche von der erwachsenen Gesellschaft gehört gefühlt?

Jana McKinnon: Als rebellischer Teenager will man gar nicht verstanden werden.
Alli Neumann: Und gleichzeitig, so paradox das klingt, ist es wichtig, dass du zumindest eine erwachsene Bezugsperson hast, die dich verstehen will. Die sich immer wieder Mühe gibt. Jemand, dem du vertraust und dem du glaubst, wenn er sagt, dass alles gut wird.

Welchen Rat haben Sie für Jugendliche?

Jana McKinnon:
Mein Tipp klingt jetzt vermutlich altmodisch, aber: Lies Bücher, schau Filme, such dir deine Vorbilder woanders als in Magazinen und Apps. Schau dir coole Frauen und coole Männer an, die etwas Tolles zu machen. Lass dich davon inspirieren.
Alli Neumann: Und denk dran: Nach der Schule wird alles anders. Du kannst dann dein Leben selbst bestimmen. Halt durch!

Kim Frank kennt die heute 20-jährige Alli Neumann, seitdem sie 16 Jahre alt ist. Obwohl sie keinerlei Schauspielerfahrung hatte, und alle ihm davon abrieten, einen Newcomer zu besetzen, war für ihn klar: Alli ist Nike.

Die 19-jährige Österreicherin Jana McKinnon hat Kim Frank erst nach einer monatelangen Suche und dem Sichten von fast 1000 Showreels gefunden. Er sah nur ihre Augen durch einen Türspalt und wusste: Jana muss C. spielen.


Mehr über Kim Frank:
Kim Frank wurde am 24. Mai 1982 in Flensburg geboren. Nach der Karriere mit seiner Band „ECHT“ entschied er sich für seine zweite Leidenschaft: Film. Er drehte über 90 Musikvideos als Regisseur, Kameramann, Cutter und Produzent für Künstler wie Mark Forster, Andreas Bourani und Udo Lindenberg. Neben zahlreichen Projekten, bei denen Frank unter anderem als Schauspieler tätig war, hat er den Jugendroman „27“ geschrieben. Sein erster Film „WACH“ ist zugleich der erste deutsche Spielfilm, der gleichzeitig im TV und auf YouTube zu sehen ist.

 

Stab

  • Stab
    • Buch - Kim Frank, Hannah Sioda
    • Regie/Kamera/Schnitt - Kim Frank
    • Musik - Philipp Schwaer
    • Ton - Till Röllinghoff
    • Szenenbild - Sandra Wessberg
    • Kostüm - Yen Alswede
  • Produzenten
    • Kim Frank
    • Marc-Daniel Dichant
  • Redaktion
    • Milena Seyberth (ZDF)
    • Das kleine Fernsehspiel (ZDF)
    • Joanna Gawronska (funk)
    • Claudia Di Lena (funk)
  • Besetzung
    • C. - Jana McKinnon
    • Nike - Alli Neumann
    • Jesco - Dennis Mojen
    • C.s Mutter - Annika Kuhl
    • Mann im Pornokino - Alexander Scheer
    • Angreifer - Hanno Koffler
    • Arzt - Max Hopp
    • Einlasserin - Lary
    • Jescos Freund - Stephen Owusu-Sekyere
    • Pizzabote - Fayzen
    • ...und andere
  • Produktion
    • Kim Frank Produktion GmbH für funk

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26. Februar 2019

Bohemian Browser Ballett gewinnt Grimme-Preis 2019

Über einen Grimme-Preis in der Kategorie „Kinder & Jugend” kann sich das funk-Format „Bohemian Browser Ballett” freuen. Schlecky Silberstein (Idee/Buch), Christina Schlag und Raphael Selter (beide Buch/Regie) nehmen bei der Preisverleihung am Freitag, den 5. April 2019 in Marl, die Trophäe stellvertretend entgegen. Dies gab das Grimme-Institut am Dienstag, den 26. Februar 2019, bekannt. 

17. Januar 2019

Sechs Grimme-Nominierungen für funk

Fünf funk-Formate hat die Nominierungskommission des 55. Grimme-Preises 2019 ausgewählt: In der Kategorie „Kinder & Jugend“ sind „Bohemian Browser Ballett“, „DRUCK“ „Einigkeit & Rap & Freiheit: Das ist RAP“ sowie „WACH“ und „Wishlist 2.0“ nominiert. Außerdem erhält Hubertus Koch eine Nominierung in der Kategorie „Kinder & Jugend Spezial”.